Die zwischen 1855 und 1859 errichtete Schlosskirche ist das Hauptwerk des Baumeisters Friedrich Wilhelm Buttel in Neustrelitz. Buttel war Schüler des bedeutenden preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel und wurde 1821 von Großherzog Georg von Berlin nach Neustrelitz geholt. Über 50 Jahre entwarf Buttel für Neustrelitz und Umgebung zahlreiche Sakral- und Profanbauten, Palais und Wohnhäuser.
Kreuzarmen wurde aus gelbem Backstein erreichtet, der in dieser Gegend gebrannt wurde. Der symmetrische Bau mit seinen schlanken, in den Himmel aufstrebenden Türmen strahlt majestätische Ruhe und Erhabenheit aus.
Die Schlosskirche ist kirchenjuristisch entwidmet und wird nicht mehr für religiöse Zwecke genutzt. Eigentümer ist die Stadt Neustrelitz, Träger seit 2021 das Kulturquartier.
Architektur
Westfassade
Die Hauptfassade der Schlosskirche wird von zwei hohen, schlanken Türmen seitlich eingefasst. Über dem Portal erscheint eine große Fensterrose mit Maßwerk. Zu beiden Seiten des Portals sind die Figuren der vier Evangelisten angebracht. Die Terracotta-Figuren wurden 1959 von dem Bildhauer Albert Wolff geschaffen.
Innenraum
Der lichtdurchflutete, klar strukturierte Innenraum ist von einer schlichten Holzdecke überspannt. Über dem Eingang und in den Kreuzarmen befinden sich reich mit Schmuckelementen und Ornamenten versehene Emporen.
Das Bleiglasfenster in der Apsis
Seit 2021 wird der Scheitelpunkt der Apsis wieder von einem handgefertigten Bleiglasfenster abgeschlossen, welches den „heiligen Michael, triumphierend über den Satan“ zeigt. Das Fenster ist eine Neuanfertigung nach historischem Vorbild und wurde als besonderes Highlight zum Ende der aufwendigen Restaurierungsarbeiten an der Schlosskirche wieder eingesetzt. Ermöglicht wurde diese Rekonstruktion durch die Spende eines privaten Stifters.
Kanzel
Rechts von der Apsis ist die Kanzel erhalten. Von den ursprünglich sechs Nischenfiguren der Kanzel sind nur noch zwei vorhanden. Eine – welche? Wurde zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten der Schlosskirche wieder eingesetzt. Die zweite welche? kann in der Dauerausstellung im Kulturquartier angesehen werden.
Gemälde „Die große Heilige Familie“ (1859) der Großherzogin Marie (1796-1880)
Links von der Apsis befindet sich ein großformatiger, vergoldeter Rahmen, der einst das Gemälde „Die große Heilige Familie“ einfasste. Das Gemälde wurde von der Großherzogin Marie für die Chorwand der Schlosskirche gemalt und stellt eine bemerkenswerte Kopie nach einem Raffael-Gemälde dar. Im Zentrum zeigt das Gemälde das Jesuskind, wie es aus der Wiege in die zärtliche Umarmung seiner Mutter Maria strebt. Neben ihm kniet betend der kindliche Johannes der Täufer mit seiner Mutter Elisabeth und im Hintergrund umrahmen blütenhaltende Engel und ein nachdenklicher Joseph die heilige Gruppe. Louvre in Paris. In den Sommermonaten wird das restaurierungsbedürftige Gemälde in der Schlosskirche ausgestellt. In den Wintermonaten wird es im Kulturquartier verwahrt.
Grüneberg-Orgel
Die Orgel auf der Empore in der Schlosskirche ist ein frühes Werk des Orgelbauers Barnim Grüneberg. Sie befindet sich in einem desolaten Zustand: zahlreiche Pfeifen fehlen und sie ist seit Jahren unspielbar. den Sommermonaten lädt die Kirchgemeinde hier zu sonntäglichen Konzerten des „Orgelsommers“ ein.
Plastikgalerie
Zwischen 2001 und 2020 etablierte sich die Schlosskirche zu einem überregional renommierten Ausstellungsforum für figürliche Plastik. Laut Initiator Uwe Maroske sollte oberstes Prinzip der inhaltlichen Nutzung sein, „eine der Bedeutung des Bauwerkes adäquate Nutzung zu realisieren, die der Architektur des Gebäudes gerecht wird, Vorhandenes nicht beeinträchtigt, sondern Wirkung und Ausstrahlung des Kirchenraumes steigert.“ Diesem Prinzip folgend, konzipierte das engagierte Kuratorium um Uwe Maroske (gest. 2020), Raimund Hoffmann und Georg Huschke jährlich bis zu drei Ausstellungen mit folgenden konzeptionellen Schwerpunkten:
- Bedeutende figürliche Plastik aus Sammlungen und Museen
- Lebenswerke von Bildhauerinnen und Bildhauern
- Arbeiten jüngerer Künstler*innen oder Themenausstellungen, die Plastiken und Skulpturen mehrerer Generationen vereinen
So konnten in der Schlosskirche Ausstellungen mit Werken von Schadow, Rodin, Lehmbruck, Kollwitz, Marcks, Cremer, Hrdlicka oder Wotruba angesehen werden. Im Jahr 2022 wird von Juni bis Oktober eine Ausstellung mit Arbeiten des ehemaligen, 2020 verstorbenen Kurators und Bildhauers Uwe Maroske gezeigt. Das Kulturquartier möchte mit der Ausstellung das außergewöhnliche Engagement des Künstlers für die Stadt und die Plastikgalerie würdigen.
Kulturzentrum
Seit 2020 ist die Schlosskirche in der Trägerschaft des Neustrelitzer Kulturquartiers. Dem ursprünglichen Prinzip, mit der Nutzung auch der Architektur gerecht zu werden, das Vorhandene nicht zu beeinträchtigen und die Wirkung und Ausstrahlung des Kirchenraumes zu steigern, will auch das Kulturquartier treu bleiben. Das Kulturquartier möchte daher an die Tradition der Plastikgalerie anknüpfen und den Raum weiterhin für Ausstellungen, vor allem figürlicher Kunst, nutzen. Gleichzeitig soll das Nutzungskonzept etwas erweitert werden. Viele Besucher*innen erkundigen sich in der Schlosskirche zur Geschichte des Ortes und zur Geschichte des ehemaligen Residenzschlosses. Diesem Interesse soll mit Informationsmaterial, aber auch mit kleinen Ausstellungen Rechnung getragen werden. Schlosskirche eine einzigartige Kulisse für kleine Konzerte oder Lesungen, mit denen Einheimische und Besucher*innen der Region an diesen Ort eingeladen werden sollen.